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Von Unterwasserturbinen bis hin zu hochmodernen Brennereien – schottische Whisky-Hersteller finden immer neue Wege, um ihre Malts zu befeuern.

Malz-Rebellen

Von Unterwasserturbinen bis hin zu hochmodernen Brennereien – schottische Whisky-Hersteller finden immer neue Wege, um ihre Malts zu befeuern.

So wie der Champagner als größter Schatz seines berühmten Herkunftsortes gilt, so ist der Scotch die Verkörperung von Schottlands heidebedeckten Hügeln, klaren Seen und nebligen Moorlandschaften. Von den Highlands bis in die Tiefebene zeigen Whisky-Gebiete wie Islay, Speyside und Jura jeweils unterschiedliche Facetten des köstlichen, bernsteinfarbenen Nektars, der nach altehrwürdigen Traditionen und mit nur drei Zutaten – Wasser, Gerste und Hefe – hergestellt wird.

Das alles klingt simpel, aber die natürlichen Ressourcen, die für den Destillationsprozess benötigt werden, machen daraus ein energieintensives Geschäft. Einem von der britischen Regierung veröffentlichten Bericht zufolge verursachte die Whisky-Herstellung 2018 rund 530.000 Tonnen CO2, wobei der Großteil dieser Emissionen bei der Erzeugung von Wärme für den Destillationsprozess entsteht. Dies macht mehr als 80 Prozent des Brennstoffverbrauchs der Destillationsindustrie aus, der derzeit fast ausschließlich aus fossilen Brennstoffen besteht.

Jetzt stellt sich diese 500 Jahre alte Traditionsbranche der Herausforderung mit einer Reihe von neuen, umweltfreundlichen Initiativen. Neue Technologien, darunter Erdwärme, Biomasse, Wind-, Solar- und Wasserstoffkraft, sowie neue Ansätze bei der Bauweise sind in der Tat weit entfernt von alten Methoden. So wird beispielsweise die neue Brennerei und das Besucherzentrum von Ardgowan westlich von Glasgow bei ihrer Eröffnung im Jahr 2024 mit umweltfreundlichen Verbundwerkstoffverkleidungen, Holz- und Stahlmaterialien ausgestattet sein. Das Ergebnis ist eine lichtdurchflutete, moderne, nordische Langhalle.

NEUE ENERGIE

Zwischen den schottischen Inseln Islay und Jura auf den Inneren Hebriden ist ein bahnbrechendes Projekt im Bereich des Wasserstoffbetriebs geplant. Das revolutionäre 3MW-Projekt „Oran na Mara" stammt von Nova Innovation mit Sitz in Edinburgh, einem weltweit führenden Gezeiten-Energieunternehmen, das bereits mit Tesla zusammengearbeitet hat. Das Projekt befindet sich in der Entwicklungsphase und sieht die Installation einer Reihe von Unterwasserturbinen zwischen Islay und Jura vor. Damit soll erneuerbare Energie aus den Gezeiten gewonnen werden, der fossile Brennstoffe ersetzt und die örtlichen Whisky-Brennereien mit Strom versorgt.

Zuvor hat Bunnahabhain mit der Entwicklung eines Biomasse-Energiezentrums den Weg für Veränderungen geebnet. Das neue 6,5 Millionen Pfund teure Biomasse-Energiezentrum im Wert von 6.000 £ wird ausschließlich mit Waldbiomasse und Malzabfall, einem Nebenprodukt der Destillation, betrieben und soll 3.500 Tonnen Kohlenstoff pro Jahr einsparen. Damit erreicht der Whisky-Hersteller auf Islay als erster einen Destillationsprozess ohne jegliche Emissionen. Angus Colquhoun, Engineering und Risk Manager bei Distell, dem Eigentümer von Bunnahabhain, erklärt: „Das System sollte sich mit geringen Auswirkungen in unsere Produktionsprozesse integrieren lassen. Wir sind zuversichtlich, dass wir einen reibungslosen Übergang zu erneuerbaren Energien erleben werden."

Und dann ist da noch das in Glasgow ansässige Unternehmen Whyte & Mackay mit seinen vier Single-Malt-Destillerien, darunter The Dalmore und Jura. Im Sommer 2022 begannen diese mit den Arbeiten an ihrem ersten Bioenergiezentrum in Invergordon. Nach Fertigstellung wird es nachhaltige Energie aus Nebenprodukten des Whisky-Herstellungsprozesses wie Treber und Pot Ale erzeugen, während das daraus entstehende grüne Biomethangas für den Betrieb verwendet wird. Außerdem wird die neue Anlage die Dalmore-Brennerei in die Lage versetzen, bis Ende 2023 zu 100 Prozent CO2-neutral zu sein.

MEHR ALS NUR EIN FASS

Da sich Whisky insbesondere bei jüngeren Schnapstrinkern immer größerer Beliebtheit erfreut, steigt bei den Brennereien der Bedarf an Holz für ihre Fässer. Derzeit importiert die Branche Fässer, vor allem Ex-Bourbon-Fässer aus den USA sowie europäische Likörweinfässer aus Portugal und Spanien. Whyte & Mackay glaubt, mit seinem nachhaltigen schottischen Eichenprogramm nun eine heimatnahe Lösung gefunden zu haben.

„Glücklicherweise befinden wir uns im ländlichen Schottland und haben daher lokale Forstwirtschaftspartner auf Ländereien in unmittelbarer Nähe zu unseren Destillerien. Das schottische Eichenprogramm war eine natürliche Entwicklung in der Diskussion um nachhaltiges Holz", sagt Kieran Healey-Ryder, Mitglied des Nachhaltigkeitsteams von Whyte & Mackay und Leiter von Whisky Discovery.

„Bei dem Programm geht es auch um die Zusammenarbeit mit der örtlichen Gemeinschaft und die Nutzung von Ressourcen vor Ort. Doch was vielleicht am wichtigsten ist: Wir erschaffen neue, einzigartige Geschmacksdimensionen in unserem Scotch", fügt er hinzu und zeigt auf den ersten Whisky mit dem passenden Namen „King of Trees“, der teilweise in den besagten schottischen Eichenfässern gelagert wurde.

Der zehn Jahre alte Blended Highland Malt wurde 2019 unter der experimentellen Marke des Unternehmens Whisky Works herausgebracht. Das Fass für die Lagerung wurde aus zwei 200 Jahre alten, vom Wind gefällten schottischen Eichen gefertigt. Die Initiative begann in Fettercairn in Aberdeenshire, dem „Garten Schottlands", wo Fässer aus 100 Prozent schottischer Eiche getestet werden – mit überraschend guten Ergebnissen. Der Whisky-Hersteller hat nun im Mai 2022 die Aufnahme aller seiner Brennereien (vier Malz- und eine Kornbrennerei) in das Programm beschlossen.

„Wir haben ihn nach sechsmonatiger Reifung im Fass probiert und waren vom Geschmack überwältigt. Schon nach dieser kurzen Zeit strotzte er nur so vor intensiven, charismatischen Aromen, was wirklich aufregend ist", fügt Healey-Ryder hinzu.

Apropos umwerfende Aromen: Der neue Harmony Collection Fine Cacao von The Macallan hat ebenfalls äußerst raffinierte Geschmacksnoten. Um diesen Single Malt zu kreieren, begab sich Polly Logan, die leitende Whisky-Herstellerin von The Macallan, ins spanische Girona, um mehr über den Herstellungsprozess von Schokolade und deren einzigartiger Geschmacksprofile zu erfahren. Zurück im Unternehmenssitz von The Macallan suchte sie nach einer speziellen Schokoladennote in den traditionellen Sherry-Eichenfässern und kombinierte diese mit einer Vanillenote aus amerikanischen Eichenfässern, in denen vorher ebenfalls Sherry gelagert wurde, um eine gewisse Süße und Bitterkeit wie in der Schokolade zu erreichen. Diese neue Abfüllung ist auch der erste Whisky in limitierter Auflage, der in einer schönen, vollständig recycelbaren und biologisch abbaubaren Schachtel verpackt wird, die aus natürlichen Nebenprodukten der Schokoladenherstellung gefertigt wurde.

ALLES ÄNDERT SICH ...

Nicht alle Veränderungen sind technischer Natur. In einer Branche, die jahrhundertelang von Männern dominiert wurde, ist es erfrischend, wenn Destillateurinnen das Sagen haben. Neben Logan und Lisa Matthews von Ardgowan sorgt auch Annabel Thomas, die Gründerin der unabhängigen Bio-Whisky-Brennerei Nc'Nean, für Furore.

Die ehemalige Managerin von Bain & Company brachte 2017 ihre Bio-Scotch-Marke auf den Markt, und drei Jahre später erschien ihr erster Whisky. „Viele Mythen rund um das Geschmackserlebnis wie ‚Scotch darf man nur pur trinken' stammen aus den 1980er Jahren und sind nicht mehr zeitgemäß", sagt Thomas. Ihr Lieblingstipp: Ein Longdrink aus einem Teil Whisky und zwei Teilen Soda mixen, serviert mit viel Eis. Der geringe Salzanteil im Soda bringt den Geschmack des Scotchs noch intensiver zur Geltung.

Außerdem setzt sie sich für die Herstellung biologisch abbaubarer, nachhaltiger Verpackungen ein. So ist zum Beispiel der Kork, der für ihre Stopfen verwendet wird, nachhaltig und vollständig kompostierbar, während die wunderschön illustrierten Flaschen zu 100 Prozent aus recyceltem Glas hergestellt werden – ein Novum in der Spirituosenbranche.

Innovation zeigt sich auch durch die Verwendung natürlicher Zutaten, vor allem der Hefe. „Wir haben kürzlich mit einer Rumhefe experimentiert, die ursprünglich für Rumbrennereien entwickelt wurde, und sie hat in unserer Spirituose wunderbare Ananasaromen hervorgebracht", sagt Thomas. „Pflaumen und Brombeeren von einer Rotweinhefe haben uns ebenfalls überrascht. Es wird noch einige Zeit dauern, bis eines dieser Experimente wirklich abgefüllt wird, aber wir behalten ihre Entwicklung genau im Auge."

Picture credit: Illustration by Jia-yi Liu

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